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Blindtext

Auch einen Blindtext kann man gut sehen. Dafür ist er auch gemacht. Sein Zweck ist, Buchstaben als Platzhalter einzusetzen.

Satzspiegel und Layout

In erster Linie verwendet man Blindtext in der Typographie, um das Layout oder den Satzspiegel eines noch nicht fertigen Textes in einer Publikation zu simulieren. Bekommt ein Journalist beispielsweise eine bestimmte Textlänge zugewiesen (Autoren berechnen ihre Textelänge in der Anzahl der Zeichen bzw. der Anschläge), können Redakteur und Setzer mit einem entsprechend langen Blindtext die Zeitungsseite bereits mit Schrifthöhe, Schriftart, Spaltenanzahl usw vorausplanen, bevor der eigentliche Artikel fertig ist.

Warum nicht einfach auf die Tasten draufloshauen?

Ein Schriftbild besteht aus verschieden langen Wörtern, Leerzeichen, Punkten, Kommatas und allem was die Schreiberei halt noch so mit sich bringt. Würde man nur wahllos auf die Tasten drücken, würde der Gesamteindruck niemals den Zweck eines simulierten Druckbildes erfüllen.

Lorem ipsum

Das „Lorem ipsum“ ist vermutlich der prominenteste Blindtext. Der vermeintlich lateinische  Wortlaut lautet: „Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipisici elit, sed eiusmod tempor incidunt ut labore et dolore magna aliqua. Ut enim ad minim veniam, quis nostrud exercitation ullamco laboris nisi ut aliquid ex ea commodi consequat. Quis aute iure reprehenderit in voluptate velit esse cillum dolore eu fugiat nulla pariatur. Excepteur sint obcaecat cupiditat non proident, sunt in culpa qui officia deserunt mollit anim id est laborum.“
Hört sich gesprochen wie gesungen (wird auch beim Komponieren als Platzhalter für Strophen und Refrain verwendet) vielleicht schön und gebildet an – ist aber absolut sinnfrei und beinhaltet zahlreiche frei erfundene Wörter.

Das Lorem ipsum ist zwar äußerst populär. Dennoch gibt es sehr unterhaltsame Alternativen. Mir gefällt besonders das „Bacon ipsum“: „Bacon ipsum dolor sit amet doner meatball jowl short ribs, chicken prosciutto salami frankfurter. Pig drumstick turducken short ribs, brisket meatloaf ham hock shankle andouille corned beef strip steak. Venison ham bresaola strip steak. Pork belly ribeye prosciutto t-bone.“ Hierzu findet sich mit dem Veggie ipsum auch eine vegetarische Variante …

Schriftvorschau

Eng verwandt mit dem Blindtext sind Pangramme. Sie dienen dazu Schriftbilder miteinander zu vergleichen.  In einem möglichst kurzen Satz bemüht sich ein Pangramm möglichst alle Buchstaben eines Alphabets darzustellen. Vor der Installation eines neuen Schrifttyps erscheint bei Windows beispielsweise dieser schlaue Satz: „Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern.“ Sinnfrei wie ein Blindtext ist ein Pangramm also nicht.
– Naja … zumindest nicht vollkommen sinnfrei.

 

Schriftkataloge

Die Unmenge an Schriftarten, die in der heutigen Zeit zur Verfügung steht, ist nicht mehr überschaubar. Insbesondere der Computer hat das Grafikdesign in ungeahnter Weise beeinflusst.
Noch vor wenigen Jahren waren neben Farbkarten und Motivarchiven auch Schriftkataloge unabdingbar für alle Werbeberufe. Mühsam wurden Schriftarten (ab-)gezeichnet, von Hand bearbeitet und vervielfältigt.

Letraset

Als Vorlage besonders populär war der „Letraset“-Katalog: Ein dickes Buch mit mehreren hundert Schriftproben, die eigentlich Transferbuchstaben (Anreibe- bzw. Rubbelbuchstaben) bewarben.
Viele dieser Schriftarten wurden extra für „Letraset“ entworfen und gesetzlich geschützt, für weitere Schriften wurden die Rechte erworben.

Schriften im Computer

Heute findet man diese Schriftarten auch im heimischen PC. Die „Fonts“ wurden von Fremdanbietern einfach nachgemacht, leicht verändert und dann unter anderen Namen auf den Markt geworfen. Ein Beispiel für diese Art der Umgehung von Copyrights: Die weit verbreitete Druckschrift „Helvetica“ (gestaltet von Max Miedinger für die Haas’sche Schriftgiesserei) findet man auch unter zahlreichen anderen Namen auf allen gängigen Computer-Betriebssystemen wieder: „Nimbus Sans L“, „Arial“, „Swiss“ oder „Swissmade“. Die Unterschiede zum Originalfont sind gering.

Computer und Schrift

In den 80er Jahren wurde auch der Computer ein Werkzeug der Werbetechnik. Allerdings war der Umgang mit den Schriften ungleich komplizierter als mit den heutigen „True Type Fonts“. Geliefert wurden die Schriften auf faustgroßen Steckmodulen, die das Stück mehrere Hundert Mark kosteten. Der Preis war berechtigt: Jeder einzelne Buchstabe einer solchen Schrift, wurde vom Hersteller an mannshohen Staffeleien, Punkt für Punkt am Umriss entlang, von Hand digitalisiert.

Computer versus Handarbeit

Aufgrund der hohen Preise für Digitalschriften war es häufig einfacher einen Schriftzug weiterhin von Hand anzufertigen.
Die Fertigkeit Schrift mit Hilfe von Liniensystemen, diversen Zeichenutensilien und Messern zu zeichnen und zu schneiden, machte somit immernoch den größten Teil der Ausbildung zum Werbetechniker aus.

Durch die Digitalisierung der Schrift geht dieses Wissen um Schriftkonstruktion auf lange Sicht leider verloren. Plotter und Drucker übernehmen in der Werbetechnik heute weitestgehend die handwerkliche Arbeit.

Als ausgebildeter Werbetechniker (korrekte Berufsbezeichnung ist eigentlich Schilder- und Lichtreklamehersteller) empfinde ich es als besonders glücklichen Umstand, dass ich noch die „alte Schule“ erlernen durfte und trotzdem den Umgang mit den modernen Medien beherrsche.