Der Klammeraffe

Die Schrift passt sich den Schreib- und Sprachbedürfnissen jeder Epoche an. So hat sich das von uns verwendete Römische Alphabeth bis heute um einige Akzente, Ligaturen und Sonderzeichen erweitert.

Eines dieser Sonderzeichen ist das „@“ (Commercial At), das auch als „Shift-Alpha“, „Klammeraffe“ bzw. „Affenschwanz“, „Affenohr“ oder „Affenschaukel“ in der deutschen Umgangssprache benannt ist. Hierbei handelt es sich um ein Symbol, das heute meist in der elektronischen Kommunikation verwendet wird.

Ursprünglich war das „@“ im Englischen gleichbedeutend mit  „à“ im Deutschen bzw. Französischen („4 Zitronen à 20 Cent“ <–> „4 lemons @ 20 cents“).

Das Klammeräffchen wird auch als Synonym für „bei“ verwendet. So wird bei Email-Adressen der Benutzername von der Domain getrennt. Diese Konvention wird seit den frühen 70er-Jahren verwendet. Ray Tomlinson, der Erfinder des Email-Systems kam auf die Idee, weil das @-Symbol in keinem natürlichen Namen verwendet werden konnte und somit leicht zu erkennen war.

Über die Verwendung im Email-Verkehr hinaus ist das @ inzwischen ein Symbol für digitale Kommunikation und ein Zeichen für unsere zunehmend vernetzte Welt geworden.

 

Alphabet

Das Alphabet ist, laut Lexikoneintrag, eine „geordnete Menge der in einer Schriftsprache verwendeten Buchstaben“. Mit anderen Worten reiht man alle zusammengehörenden Schriftzeichen in einer bestimmten Reihenfolge auf. In unserem Falle fangen wir also mit dem „A“, „B“, „C“ an und hören mit dem „Z“ auf. Deshalb wird unser Alphabet umgangssprachlich auch „A-B-C“ genannt. Naheliegend, denn der Begriff Alphabet leitet sich aus dem griech. „Alpha“, „Beta“ ab, was ja die beiden ersten Buchstaben der griechischen geordneten Schriftreihenfolge sind.
Auch andere Schriftreihenfolgen leiten ihre Namen aus den ersten Buchstaben der Aufzählung ab. So zum Beispiel das „Futhark“ oder das „Aurebesh“.
Im allgemeinen Sprachgebrauch benutzt man den Begriff Alphabet auch für alle anderen Schriftzeichenreihenfolgen.

Ein Alphabet kann durch die Verknüpfung der Buchstaben einzelne Laute (Phonem) in geschriebene Sprache verwandeln. Diese Erklärung mag vielleicht selbstverständlich erscheinen; sie ist es aber nicht. Immerhin stehen neben den Alphabeten mit einzelnen Lautbuchstaben u.a. auch die Silbenschriften und die piktographischen Schriften.
Ein aus Lauten bestehendes Alphabet kann man mit geringfügigen Anpassungen (durch Akzente und Sonderzeichen) an jede gesprochene Sprache anpassen und kommt mit vergleichsweise wenigen Schriftzeichen aus.
Zum Vergleich: Dem deutschen Alphabet genügen aktuell 26 Buchstaben. Chinesen müssen hingegen  bis zu 6000(!) piktographische Schriftzeichen erlernen. Die komplette Schrift soll bis zu 64000 Zeichen umfassen.

Unser deutsches Alphabet haben wir von den antiken Römern übernommen, die wiederum hatten es sich zuvor bei den Etruskern abgeschaut, welche sich allerdings vor rund 3000 Jahren bei den Griechen bedienten.

Chalkboardlettering

Das Chalkboardlettering ist eine Unterart des Letterings. Mit weißer oder farbiger Kreide, Kreidemarkern und Kreidestiften wird auf einer Tafel oder Tafelfolie kunstvoll Schrift in Szene gesetzt.

Besonders in der Gastronomie sind diese Letterings für Tageskarten und Veranstaltungsankündigungen sehr beliebt. Aber auch für Werbeständer, Veranstatungshinweise und so weiter erfreuen sich Tafeln mit geletterten Beschriftungen wachsender Beliebtheit.

Ein Chalkboardletting kann sorgsam mit dem Kreidestift vorgezeichnet oder frei Hand geschrieben werden

Freihand im Vintagelook

Beim Chalkboardlettering greifen die gleichen Regeln wie beim einfachen Handlettering: Erlaubt ist, was Spaß macht. Von einfachen und verspielten Schriften bis zur aufwendigen Fake Calligraphy können alle Techniken angewendet werden. Das Medium Kreide braucht allerdings eine gewisse Einarbeitungszeit, denn eine millimetergenaue Präzision ist kaum möglich. Dafür kann man beliebig oft das Schriftbild korrigieren.

Chalkboardlettering
Mit einem Lettering beschriftete Kreidetafel

Knotenschrift

Quipu (bzw. Khipu), abgeleitet vom Spanischen „Quechua“ (Knoten) ist der Name einer Knotenschrift der Inca. … Wobei der Begriff „Schrift“ vielleicht etwas auf die falsche Fährte führt.

Schrift wie wir sie verstehen

Schrift besteht aus einzelnen  Symbolen und gibt für gewöhnlich je nach Sprache mehr oder weniger eindeutig einen Laut, eine Silbe oder ein Wort wieder. Dabei werden die Schriftzeichen mit einem Schreibwerkzeug auf einen dafür geeigneten Untergrund geschrieben. So war das im antiken Ägypten, so ist es im fernen asiatischen Raum, genau so bei uns in Europa

Quipu wird nicht geschrieben, sondern geknüpft

Die Knotenschrift der Inca diente in erster Linie nicht dazu, Worte wiederzugeben. Ihr Zweck war meistens schlichte Buchführung. In den verschiedenen Verwaltungsbezirken hielt man mit dem Knüpfen verschiedener Knoten zum Beispiel Ernteerträge oder geleistete Arbeitsdienste fest. Auch zur Erhebung der Steuern wurde sie verwendet.
Sie war aber wahrscheinlich auch in einer zweiten Variation zum Übermitteln von Nachrichten (vermutlich als Silbenschrift) in gebrauch.

Der erste Quipu ist auf 2600 v.Chr. datiert worden.   Bis ins 16. Jhd. n. Chr. (mancherorts sogar bis ins 20. Jhd.) setzte man Quipu in der Verwaltung ein.
Art, Anzahl und Größe der Knoten waren in der Schrift ebenso bedeutsam wie die Größe, Sorte und Farbe des Stranges. Die Stränge bestanden aus verzwintem Tierhaar- (z.B. Alpaca, Lama, Hirsch, Hase) oder Baumwollgarn und wurden je nach Bedeutung in verschiedenen Farbtönen gefärbt.

Farbbild eines Quipu der Inkas vom Larco Museum
Quelle: WikimediaCommons

Ein Quipu bestand aus einer Hauptschnur, an der mehrere Knotenschnüre als Nebenschnüre hingen, an denen wiederum mehrere Nebennebenschnüre angebracht werden konnten. Auch Quasten und Kartuschen fanden in einem Quipu Verwendung.

Im Jahr 1583 wurden Quipu vom Katholischen Provinzialkonzil von Lima verboten. Viele Quipu wurden von den span. Eroberern in dieser Zeit zerstört.  Nur noch ca. 2000  Stück sind bislang gefunden worden.

 

 

 

Fudepen

Der Fudepen (japan. Fude = Pinsel, engl. Pen = Stift), der auch gerne „Brushpen“ genannt wird, wurde ursprünglich für die ostasiatische Kalligraphie entwickelt.

Auf den ersten Blick wirkt das Schreibgerät wie ein gewöhnlicher Filzstift. Bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass die Schreibspitze der eines festen Spitzpinsels entspricht. Dadurch kann man mit einen Fudepen den charakeristischen an- und abschwellenden Pinselstrich (jap. Fudenosuoke) malen bzw. schreiben.

Wie funktioniert ein Fudepen?

Für gewöhnlich werden im Fudepen keine Tierhaare oder Tierborsten verwendet. Vielmehr ist er mit synthetischen Feinhaaren besteckt.
Im Innern des Schafts ist eine Patrone verborgen, die durch ein Tuschereservoir die Pinselspitze mit Tusche oder Tinte versorgt.

Es gibt auch Pinselstifte mit auffüllbarem Tank, die sich u.a. auch mit Aquarellfarben befüllen lassen. Diese Pinselstifte haben einen weichen Kunststoffschaft. Durch Druck auf den Schaft kann die Flüssigkeitsmenge, die abgegeben wird, gesteuert werden.

Wer hat’s erfunden?

Entwickelt wurden Brushpens um 1972 in Japan. Eigentlich sollten sie nur das Schreiben von Kalligraphien erleichtern. Da das Anmischen der traditionellen Kalligraphietusche sehr aufwendig war, stellten schreibfertige Bruspens eine enorme Arbeitserleichterung dar.  Doch schon bald fanden sie auch bei  Manga- und Animezeichnern Verwendung.

Heute

Inzwischen erfreuen sich Fudepens auch im westlichen Raum einer wachsenden Beliebtheit. Zum einen eignen sie sich wunderbar zum Schreiben einfacher bis anspruchsvoller Kalligraphien und zum anderen sind sie ein unerlässliches Werkzeug für das populär gewordene Handlettering.

Fudepen
Fudenosuke bedeutet „Hilfe des Pinsels“ – geschrieben mit dem Fudepen

 

Produktempfehlungen:

Für Brushletterings mit präziser Strichführung ist der Fudenosuke  Tombow WS-BH 150, schwarz, von Tombow *   bestens geeignet. Der Metallring hält die Kunsthaarspitze in Form. Der erste und der letzte Pinselstrich im Leben eines Fudenosuke sind qualitativ nahezu identisch!

Der “Art Pen Brush”  von Kreul *   ist einer für’s Grobe. Große Flächen lassen sich schnell tief schwarz ausmalen und große, verspielte Schriften sind auch kein Problem. Die weichen Spitze ist für Anfänger allerdings sehr gewöhnungsbedürftig und der Tuscheverbrauch ist vergleichsweise groß.

Mit dem “Art Pen Calligraphy” von Kreul * kann man die Strichführung einer Bandzugfeder oder eines Plakatschreiberpinsels nachahmen. Allerdings ist der Stift nicht ganz so präzise. Dafür ist die Schreibgeschwindigkeit ungeschlagen. Per Definition ist der Pen Calligraphy kein echter japanischer Fudepen.

Farbige Texte mit einer mittleren Schrifthöhe schreibe ich gerne mit den Brush Pens 1340 von Edding*.  Sie sind sehr leuchtstark und geben gut die farbige Tinte ab.

Den Umgang mit Fudepens kann man in meinen Schriftkursen erlernen. Schau doch mal vorbei!

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Blindtext

Auch einen Blindtext kann man gut sehen. Dafür ist er auch gemacht. Sein Zweck ist, Buchstaben als Platzhalter einzusetzen.

Satzspiegel und Layout

In erster Linie verwendet man Blindtext in der Typographie, um das Layout oder den Satzspiegel eines noch nicht fertigen Textes in einer Publikation zu simulieren. Bekommt ein Journalist beispielsweise eine bestimmte Textlänge zugewiesen (Autoren berechnen ihre Textelänge in der Anzahl der Zeichen bzw. der Anschläge), können Redakteur und Setzer mit einem entsprechend langen Blindtext die Zeitungsseite bereits mit Schrifthöhe, Schriftart, Spaltenanzahl usw vorausplanen, bevor der eigentliche Artikel fertig ist.

Warum nicht einfach auf die Tasten draufloshauen?

Ein Schriftbild besteht aus verschieden langen Wörtern, Leerzeichen, Punkten, Kommatas und allem was die Schreiberei halt noch so mit sich bringt. Würde man nur wahllos auf die Tasten drücken, würde der Gesamteindruck niemals den Zweck eines simulierten Druckbildes erfüllen.

Lorem ipsum

Das „Lorem ipsum“ ist vermutlich der prominenteste Blindtext. Der vermeintlich lateinische  Wortlaut lautet: „Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipisici elit, sed eiusmod tempor incidunt ut labore et dolore magna aliqua. Ut enim ad minim veniam, quis nostrud exercitation ullamco laboris nisi ut aliquid ex ea commodi consequat. Quis aute iure reprehenderit in voluptate velit esse cillum dolore eu fugiat nulla pariatur. Excepteur sint obcaecat cupiditat non proident, sunt in culpa qui officia deserunt mollit anim id est laborum.“
Hört sich gesprochen wie gesungen (wird auch beim Komponieren als Platzhalter für Strophen und Refrain verwendet) vielleicht schön und gebildet an – ist aber absolut sinnfrei und beinhaltet zahlreiche frei erfundene Wörter.

Das Lorem ipsum ist zwar äußerst populär. Dennoch gibt es sehr unterhaltsame Alternativen. Mir gefällt besonders das „Bacon ipsum“: „Bacon ipsum dolor sit amet doner meatball jowl short ribs, chicken prosciutto salami frankfurter. Pig drumstick turducken short ribs, brisket meatloaf ham hock shankle andouille corned beef strip steak. Venison ham bresaola strip steak. Pork belly ribeye prosciutto t-bone.“ Hierzu findet sich mit dem Veggie ipsum auch eine vegetarische Variante …

Schriftvorschau

Eng verwandt mit dem Blindtext sind Pangramme. Sie dienen dazu Schriftbilder miteinander zu vergleichen.  In einem möglichst kurzen Satz bemüht sich ein Pangramm möglichst alle Buchstaben eines Alphabets darzustellen. Vor der Installation eines neuen Schrifttyps erscheint bei Windows beispielsweise dieser schlaue Satz: „Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern.“ Sinnfrei wie ein Blindtext ist ein Pangramm also nicht.
– Naja … zumindest nicht vollkommen sinnfrei.

 

fiktive Schriften

Es war einmal in einer weit, weit entfernten Galaxis. Im Jahre 1977 schlich ein älterer Herr, gekleidet in einer Kutte, durch die Gänge des imperialen Todessterns. Sein Ziel: Ein kleiner, unscheinbarer Hebel, der mit dem Wörtchen „Traktorbeam“ beschriftet ist.

Moment mal! In einer weit, weit entfernten Galaxis steht Text in lateinischer Schrift?

Das hat sich das Team um George Lucas irgendwann wohl auch gefragt, denn als die  überarbeitete VHS Version von „Star Wars“ 1997 erschien, ersetzten sie den Schriftzug durch unleserliche Symbole. Man könnte meinen, dass die Zeichen willkürlich gesetzt und als Platzhalter verwendet wurden. Dann wären die Schriftzeichen inhaltlich vollkommen leer.
Aber nein! Das Star Wars Universum hat inzwischen sein eigenes Alphabet: das Aurebesh! Der Name des Schriftsystems leitet sich von den ersten beiden Buchstaben „Aurek“ und „Besh“ ab – was eine direkte Parallele zu „Alpha“ und „Beta“ unseres Alpabets ist. Auch hat das Aurebesh 26 Buchstaben. Angeblich hat die Schrift eine geschichtliche Vergangenheit, die über 25.000 Jahre  zurückreicht.  Da  kann natürlich keine irdische Schrift mithalten …

Das Alphabet des Star Wars Universums

 

Auch andere Kinofilme,  TV-Serien, Comics und Bücher  bedienen sich fiktiver Schriften und Sprachen. So findet man beispielsweise im „Spacecenter Babylon 5“ die Schrift „Babcent“ oder bei „Star Trek“ „tlhIngan pIqaD“, was wohl „Klingon“ bedeuten soll. Von einfacher stilistischen Spielerei darf man im letzteren Fall nicht ausgehen. Klingonisch ist eine eigene (funktionierende) Sprache, die sogar mit eigener Rechtschreibung und Grammatik aufwarten kann. Da ist Klingonisch schon etwas ganz besonderes.

Klingonisch
Scotty hatte seine Probleme mit Klingon: „Geben Sie mir noch einen Tag, Sir. Die Maschinenkontrolle ist einfach, aber die klingonische Schrift ist schwer.“

 

Zur wahren Meisterschaft hat es J.R.R.Tolkien gebracht. Als Weltenbauer und Philologe hat er für seine „Mittelerde“ so  umfangreiche Sprachen und Schriften kreiert, dass selbst heute noch äußerst umfangreiche sprachwissenschaftliche Analysen zu seiner Welt verfasst werden. Die verwendeten Schriften im „Hobbit“ und in „Herr der Ringe“ lehnen sich dabei u.a. aber stark an unsere irdischen Runen.

Zwergenrunen
Manche Runen kann man nur bei Mondlicht lesen.

 

Im absoluten Kontrast  dazu steht das Alphabet der Computerspiel-Serie „Die Sims“. „Simularisch“ bedient sich als Schrift (genauso wie als Sprache) bei vielen irdischen Kulturen.  Ob Schrift und Sprache verbindlich übersetzt werden können, wurde von der Softwareschmiede Electronic Arts allerdings noch nicht bekannt gegeben.

Simulanisch
Die Sims sprechen und schreiben Kauderwelch – oder auch nicht. Wer weiß?

Sind falsche Alphabete Popkultur?

Sinn und Zweckt fiktiver Alphabete dient nicht immer nur der moderneren Unterhaltungskultur. Schon in früheren Zeiten wurden Schriften entworfen: Manche sollten verwirren, andere täuschen oder schlicht dekorieren.

Ausschnitt aus dem Voynich-Manuskript.

 

Ein paar Beispiele: Beim Voynich-Manuskript (1500 n.Chr.) ist man sich nicht sicher, zu welcher Kategorie es gezählt werden muss, denn bis heute konnte es nicht entschlüsselt werden.
Das Alphabet der Bété-Sprache besteht aus über vierhundert Zeichen. Lesen können muss man diese Schrift aber nicht, denn sie ist Kunst des ivorischen Kulturchronisten Frédéric Bruly Bouabré.
Henry-Alexandre-Alphonse Legrand schrieb im 1900 Jahrhundert in einer  eigenes erschaffenen Schrift die Manuskripte für einen Geheimbund. Die Schrift ist so geheim, dass offenbar nur er selbst sie lesen konnte …

Als fiktives Alphabet könnte man vielleicht auch das „reformierte Ägyptisch“ bezeichnen. Niemand (nicht mal ein Ägyptologe) hat diese Schrift je zu Gesicht bekommen; außer Joseph Smith, der das Buch Mormon unter Zuhilfenahme der Sehersteine Urim und Tummim ins Englische übersetzte und dadurch das Mormonentum gründete.

Hieroglyphen

Die relativ komplizierten Ägyptischen Hieroglyphen benötigten achtzehn verschiedene stilisierte Bilder um das Wort Kleopatra zu bilden. Allein an diesem Beispiel erkennt man, warum die Schrift nur einer gehobenen Elite zugänglich war und die Stellung des
„Schreibers“ durchaus mit Macht verbunden war.

Schriftkundige in Ägypten
In der Mitte die Hieroglyphe des „Schreibers“. Rechts erkennt man in dem Symbol das stilisierte Holzbrett mit zwei Einbuchtungen für die Farbe

„Liebe Buchstaben wie deine Mutter, denn durch ihre Kenntnis kannst du dich vor harter Arbeit schützen und ein Beamter hohen Rufs werden.“
(Rat eines ägypt. Beamten an seinen Sohn, Quelle: Donald Jackson „Die Geschichte vom Schreiben“)

Der Begriff „Hieroglyphe“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Heilige eingegrabene Schrift“. Die Ägypter selbst nannen sie jedoch „medu-netscher“, die Schrift der Gottesworte.  Hieroglyphen hatten heilige, magische Bedeutung.

Die Schriftzeichen sind Piktogramme bzw. Ideogramme, also symbolhafte Bilder mit mehr oder weniger eindeutiger Bedeutung, die seit 3200 v.Chr. verwendet wurden. Daraus entwickelten sich später auch Phonogramme. Das Ägyptische Schreiben kannte nämlich nicht nur Hieroglyphen. Vielmehr entwickelten sie das Hieratische (Priesterschrift) und das Demotische (Volksschrift) als spätere Entwicklungsstufen. Die Schriften lösten sich in ihren Entwicklungsstufen nicht ab, sondern coexistierten in unterschiedlichen Verwendungen. Die Piktogramme und alphabetischen Zeichen wurden oft gemeinsam verwendet, oftmals nicht zur Ergänzung, sondern als sinngleiche Wiederholung. Schriftkundige hatten somit viele hundert Schriftzeichen zu beherrschen. Wikipedia spricht sogar von bis zu 7000 Schriftzeichen.

Hieroglyphen konnten als Lautzeichen ebenso als ganzes Wort­ und Deutzeichen benutzt werden. Das Symbol für Hand konnte als Wortzeichen einfach „Hand bedeuten“ oder als Konsonant „d“ in einer Lautschrift eingefügt werden.

Die Ägypter erfanden als Schreibwerkzeuge Rohrpinsel sowie schwarze und rote Tinte. Geschrieben wurde gewöhnlich auf Papyrusrollen. Geschrieben wurde meist von oben nach unten, später auch von links nach rechts.

Als 323 v. Chr. das Altgriechisch zur verwaltungssprache Ägyptens wurde, wurden die ägyptischen Schriftsysteme allmählich ausgetauscht und gerieten mit der Zeit gänzlich in Vergessenheit.

Erst mit Napoleons Ägyptenfeldzug im Jahre 1799 fand man durch die Entdeckung des Steins von Rosetta erneut Zugang zum Verständnis des ägyptischen Schriftsystems.

Runen

Vermutlich wird keiner anderen Schrift so viel Magie nachgesagt wie den Runen.  Diese germanischen Schriftzeichen nehmen in vielerlei Hinsicht eine besondere Stellung in der Schriftgeschichte ein.

Geritzt

Im Gegensatz zu den meisten anderen Schriften wurden Runen nicht konstruiert oder geschrieben. Weder Griffel noch Feder waren die üblichen Schreibwerkzeuge. Sie wurden gekratzt, geschlagen oder geritzt. Das ist auch der Grund, warum diese Schrift überwiegend aus geraden und eckigen Formen besteht.
Es gibt verschiedene, sehr lokale, Schriftsysteme, die unter dem Sammelbegriff „Runen“ zusammengefasst werden. Darunter findet man Lautschriften, wo jedem Zeichen im Alphabet ein Laut zugeordenet wird, aber auch Begriffzeichen und Zahlen.

Futhark

Das Futhark ist die Runenreihe der Lautschrift. Sie hat nicht die für uns gebräuchliche „ABC“-Reihenfolge. Von daher leitet sie ihren Namen von den dortigen ersten Buchstaben ab: ᚠᚢᚦᚨᚱᚲ, F–U–Þ–A–R–K. Ihre 24 (bzw. 16) Schriftzeichen waren vermutlich ab 50 n. Chr. in Gebrauch. Trotz ihres ungewöhnlichen Erscheinungsbildes haben Runen ihren Ursprung vermutlich bei den  lateinischen bzw. griechischen Schriften. Doch entsprechend des Sprachgebrauchs wurde das Alphabet um einige Schriftzeichen erweitert. Erstmals gab es nun auch Zeichen für „J“, „U“, „W“ und „Þ“ (gleichbedeutend mit „th“). Der Laut für das englische „th“ wurde wohl später in die beiden uns bekannten Buchstaben „t“ und „h“ des lateinischen Alphabets zurücktransformiert.

„runa“ bedeutet Geheimnis

Doch Runen wurden nicht nur als schlichte Gebrauchsschrift verwendet. Sie galten als Entität der Schöpfung und verbanden das Magische mit dem Realen.  Die Runenkunde war das Eigentum der Priester und der „edlen Frauen“.
Als Schutzzeichen unter der Geburt oder auch  für Weissagungen wurden sie u.a. verwendet. So wurden beispielsweise für das Runenorakel die Schriftsymbole in kleine Holztäfelchen geritzt. Diese wurden in einen Leder- oder Stoffsack gesteckt und gemischt.  Dann wurde eine bestimmte Anzahl der Täfelchen gezogen und geworfen. Die Art, die Ausrichtung und die Reihenfolge der Symbole ließen dann die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft deuten. Auch heute noch finden Runen in der Esoterik ihre Verwendung. Die angewandten Regeln wirken mitunter jedoch recht beliebig.

Das dritte Reich

Nationalsozialisten und Neonazis interpretieren die altgermanischen Schriftzeichen gerne für ihre Zwecke politisch-esoterisch. So fanden Runen auch Einzug in deren Propagandamaschinerie.

Der Österreicher Guido „von“ List (1848-1919), Gründer des „Hohen Armanen Ordens“, veröffentlichte 1908 „Das Geheimnis der Runen“. Die darin von ihm aufgestellte Behauptung, dass die Runen die älteste Schrift der Menschheit sei, ist zwar absolut haltlos, doch wurde rasch verbreitet und von den Nazis übernommen.
List erweiterte in seinem Werk das Futhark um achtzehn weitere selbsterfundene Zeichen. Das letzte Zeichen dieser Reihe war eine Mischung aus „Wolfsangel“ und Hakenkreuz.

U.a. von diesem Werk ausgehend, nutzten die Nationalsozialisten die Runen als Symbole im Sinne der mythologisch-esoterischen Bedeutungen. Die „Thule Gesellschaft“, ein nationalistischer Orden, der den Aufstieg der nationalfaschistischen Partei finanzierte, erschuf sich eine neue Religion, die aus einer Mischung von Legenden der Edda, Grimms Märchen, den Wagneropern, alten Bräuchen und Gralsmythen bestand. Runen gehörten unweigerlich mit zu diesem Gedankenkonstrukt.

Mittelerde

J.R.R.Tolkien verwendete in seinem Roman „Der Hobbit“ ein angelsächsiches Runenalphabet. Später entwickelte er für seine fiktive Welt „Mittelerde“ weitere eigene Schriften, so auch das „Cirth“ genannte Runenalphabet.

 

Hier endet meine kleine Übersicht zu einem sehr komplexen Thema.
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Euer Markus Walther

Unziale

Die Unzial ist eine reine Buchschrift; d.h. sie wurde immer nur geschrieben und nicht – wie beispielsweise die römische Capitalis – in Stein gemeißelt. Als Schreibwerkzeug diente zumeist die Rohrfeder. Die runden Formen der Strichführung begünstigte das Schreiben auf  Pergament. Die Unzialschrift entwickelte sich im 4. Jahrhundert nach Christus. In dieser Zeit zerfiel das Römische Reich und das Christentum verbreitete sich mehr und mehr.

Wie alle vorausgegangenen Alphabete bestand die Unziale nur aus Versalien (Großbuchstaben), doch einzelne Buchstaben erhielten zur besseren Lesbarkeit Ober- und Unterlängen. Hieraus entstanden in späteren Zeiten die uns heute bekannten Kleinbuchstaben.